Beiträge getaggt mit 1. SprengV

…dann macht es Bumm und Du bist weg – oder…

 

P yrotechnik

 

 

Pyrotechniker – allgemein

Grell, laut, bunt, glitzernd, schillernd und voller Überraschungen explodiert, den ganzen Horizont ausfüllend, ein Feuerwerk am Himmel, das durch lautes „Ah“ und „Oh“ begleitet, die Zustimmung derer bekommt, die sich mit offenen Mund alles ansehen und das ganze Können des Fachmannes bestaunen, der diesen gefährlichen Beruf zur Kunst machen kann, dem Pyrotechniker.
Auch wenn Feuerwerk schon seit den Chinesen eine bekannte Belustigung für Menschen jeder Bildungs- und Sozialschicht ist, muss man sich in der Ausbildung zum Pyrotechniker durch das deutsche Vorschriftenwerk quälen und viele Gesetzesauflagen erfüllen, um auch nur annähernd die einzigartige Feuerpracht an einen Abendhimmel  zaubern zu dürfen.
In der 1. SprengV (Wer weiß, wie viele es wirklich sind …) sind etliche Paragraphen aufgeführt, die sich nicht nur auf die Ausbildung beziehen, sondern auch auf die Ausübung des Berufes. Schon die Unterteilung der Gefahrenklassen: I, II, III, IV, T1, T2 und pyrotechnische Sätze (Schwarzpulver) bis hin zu der Durchführungsanweisung zum § 28 Abs. 3 der Unfallverhütungsvorschrift „Veranstaltungs- und Produktionsstätten für szenische Darstellung“ GUV-I 810, gültig ab 1. April 1998 (für die Verwendung pyrotechnischer Gegenstände der Klasse III und IV bei Produktionen im Freien und bei Bühnenpyrotechnik), zeigt, wie sehr man sich um die Gesunderhaltung seiner Feuerwerker bemüht. <hüstel>
Wo auch immer ein Feuerwerk stattfindet, ist es allererste Bürgerpflicht, sich im gebührenden Abstand (auch in der 1, SprengV nachzulesen) zum Feuerwerk aufzuhalten, um sich so wenig, wie irgend möglich der Gefahr auszusetzen, die Bomben eben haben. Sonst macht es irgendwann „Bum“ und dann bist’e weg.

Hobbypyrotechniker 

oder

Pyrotechniker, temporär

Allen Vorschriften und Gesetzen zum Trotze kommt es einmal im Jahr zu einem Chaos von ungeahntem Ausmaß. Während der gemeine Feuerwerker einem strikten Alkoholverbot unterliegt, stellt sich der deutsche Hobbypyromane, nach mehr oder weniger starkem Alkoholgenuss, in Folge dessen er sich in einem Zustand befindet, mit dem er nicht einmal Fahrrad fahren dürfte, irgendwo vor seine Haustüre oder auf einen Balkon, um sein eigenes Feuerwerksvergnügen abzubrennen zu lassen.
Das allein wäre schon bedenklich, doch kommt zu allem Übel noch der Großprotz aus den meisten Menschen, gerade bei diesem Spektakel zu Tage (Nacht) und der Feuerwerkspass entpuppt sich schnell zu einem Wettknallen und Feuerwerksgrößenwahn. Gerade an einem Silvesterabend wird die sonst so beherrschte Alkoholkontrolle, allein schon wegen der verschiedenen Getränke, hinfällig. Sicherlich begünstigt durch die alljährliche Ausstrahlung des „Dinners for one“, bei dem die älteren Anhänger mittlerweile nicht nur den Text auswendig nachsprechen können, sondern auch noch die Getränkefolge originalgetreu und zeitgleich mit James nachgetrunken wird. Und das in ungezählten Wiederholungen.
Mit dieser Grundkonditionierung schreitet man nach dem obligatorischen Neujahrswunsch und einem weiteren Glas Sekt zur Tat. Die Kiste mit den Sylvesterarsenal – es ist immer mindestens eine Kiste voll – wird auf den Platz gebracht, auf dem nun der Event stattfinden soll. Meist haben Kinder, die der Vorfreude nicht standhalten konnten, ihren Teil des bombastischen Vergnügens schon eingeleitet und es knallt in allen Lagen. Vom Höhenfeuer bis zum bodennahen Heuler ist bereits die ganze Nachbarschaft im Einsatz und so heißt es nun keine Zeit mehr zu verlieren.
Notdürftig werden auf rutschigem Untergrund – denn normalerweise ist es eisig – die Abschussrampen vorbereitet, die weder der Kontrolle eines alkoholisierten, geschweige denn eines nüchternen Menschen standhalten würde und sofort in schneller Abfolge die Feuerwerkskörper gezündet, kaum dass sie halbwegs aufrecht stehen. Der ersten Rakete wird noch ein Blick hinterher geschickt, doch lässt man schnell von diesen Beobachtungen ab, weil das eigene Wohlbefinden stark zu schwanken beginnt und so bleibt man, um Haltung bemüht, in einer, dem Zünden begünstigenden Stellung stehen und versucht innerhalb von ca. 20 Minuten den Himmel voll erleuchten zu lassen. Sollen die Nachbarn doch neidisch werden.
Eine Batterie nach der anderen wird in die unendliche Weite des Himmels geschickt. Um des Wettrüstens Willen nimmt man billigend in Kauf, dass die allgemeine Luftverschmutzung innerhalb von Minuten das Kyoto-Protokoll um ein 100faches überschreitet und eine ganz Nation in nur einer einzigen Nacht dem Bestreben um ein sauberes Klima um Jahre zurückgeworfen wird.
Wäre man auch nur ein bisschen kritisch, man legte schon nach einer Rakete eine Sauerstoffmaske an, doch der Zustand absoluten Einklangs mit seiner Umgebung verbietet wettbewerbsverzerrende Maßnahmen und man nimmt sich lieber noch ein Bier oder gar ein weiteres Glas Sekt eines Discounters, der neben dem Alkohol in seiner Vergärung den bevorstehenden „lieblichen“ Schmerz einer durchzechten Nacht noch während des Trinkens erahnen lässt.
Die letzten Knaller werden gezündet und man achtet schon gar nicht mehr darauf, wie viel Finger und Haare angesengt sind oder gar ernsthaft Verbrennungen 2. Grades haben, weil man sich um die Gestürzten kümmern muss, die einmal zu viel nach oben in die illustere Verpuffung schauen mussten und flößt ihnen schnell einen weiteren Sekt ein, was meist einer Wiederbelebung gleichkommt. Ein medizinisches Wunder, das wirklich nur Sylvester wirkt und dessen Nebenwirkungen jedoch für den Moment niemand wahr haben will.
Geht man am nächsten Morgen vor die Tür, glaubt niemand so recht, dass man an dem Chaos, was nun auf den Straßen vorzufinden ist, beteiligt war und selbst der ehrliche Versuch, nun tatkräftig den Besen zu bemühen scheitert an dem kleinen Teufel im Schädel, der auch mit zwei Aspirin nicht ganz zu besänftigen ist.
Das in diesen Silvesternächten nicht mehr passiert, ist wohl dem Schutzengel der Kinder und der Alkoholtrinker zu verdanken, denn in dieser Nacht müssen beide in einer Art Allianz der Unvernunft Augen und Ohren verschlossen halten.

© Kariologiker

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